
Wie viele vielleicht wissen, betreibe ich als Hotelfachmann und Tourismusbetriebswirt selber seit 20 Jahren ein Hotel in Osterode am Harz und möchte euch aus meiner Sicht hier meine 2 Cent zur Situation auf dem Brocken beitragen.
Ganz kurz was bisher bekannt ist:
Das Areal rund um das Brockenhotel wurde im Juli 2025 vom Landkreis Harz gekauft. Schon vor dem Kauf wurde u.a. vom Landrechnungshof der Kauf in Höhe von über 3 Mio. Euro kritisiert. Ziel war es, das Brockenplateau neu zu entwickeln bzw. das Angebot zu erweitern. Es fiel sogar mal das Wort „Hardrock Café“.
Im August wurde bekannt, dass der Brockenwirt ab dem 31.12.2025 das Brockenhotel samt Touristensaal & Co. nicht mehr betreiben wird. Er wird aber das Brockenplateau nicht komplett verlassen, sondern die Gastronomie im Brockenbahnhof weiterbetreiben und diese mit der HSB modernisieren. Der Landkreis Harz sucht nun in einer europäischen Ausschreibung einen neuen Betreiber.
Wer in den letzten Jahren so ab Corona-Zeit das Brockenplateau besucht und entweder im Zimmer im Brockenhotel oder einfach nur im Touristensaal war, hat schnell gemerkt, dass nicht alles rund läuft. Ich meine jetzt hier nicht eine Verschlechterung der Qualität, sondern z.B. die eingeschränkten Öffnungszeiten des Touristensaals oder die Verfügbarkeit von Hotelzimmern. Hier wurden Zimmer nicht vermietet, weil sie aufgrund des Personalmangels nicht geputzt werden konnten. Dieser Personalmangel war natürlich auch direkt am Eingang des Touristensaals zu sehen: „Seien Sie nett zu den Mitarbeitern, denn diese bekommt man schwerer als neue Gäste“.
Wir hatten also eine starke Diskrepanz zwischen den Aussagen des LK Harz, der das Brockenplateau weiter entwickeln möchte und dem Brockenwirt, der aufgrund des Personalmangels die jetzige Gastronomie nicht voll auslasten kann. Die Kündigung war eine logische Folge. Das ganze bekommt lediglich einen faden Beigeschmack, wenn der Brockenwirt den „Brockenkauf“ forciert hat und nun abspringt. Dazu später mehr.
Die Brockengastronomie ist nun europaweit öffentlich ausgeschrieben worden. Ich habe mir diese kurze angeschaut und bei einem Punkt stockte mir kurz der Atmen: geforderte Mindestpacht 36.000,00€ im MONAT. Wir reden hier von einem 20-Zimmer-Hotel und dem Touristensaal mit ca. 200+ Sitzplätzen. Es gab früher so die Faustformel „Pacht-mal-Acht“, d.h. wir reden hier von 300.000,00€ Monatsumsatz. Das Hotel wird überschlagen auf das ganze Jahr gesehen GESCHÄTZT 50k€ Monatsumsatz machen, wenn genügend MitarbeiterInnen vorhanden sind, die die Zimmer reinigen. Ich vermute, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei ca. 1,2 Nächte liegen. Es gibt also viel zu putzen. Jetzt bleiben noch 250k€ für den Touristensaal übrig. Ich bin überzeugt, dass dieser nicht mehr 7 Tage in der Woche rentabel betrieben werden kann. 5 Tage machen hier Sinn –> 20 Tage im Monat geöffnet -> 12,5k€ Tagesumsatz. Ich war vor 3 Wochen oben und habe 25,00€ ausgegeben. Das wären dann 500 Gäste pro Tag von Mittwoch bis Sonntag, von Januar bis Dezember. Vor 10 Jahren wäre das möglich gewesen, aber heute … schwierig, denn …
Der Brockenwirt wird das Plateau nicht verlassen, sondern er wird zur Konkurrenz mit der Bahnhofsgastronomie, die sogar erweitert und modernisiert werden soll. Mein Bauch sagt mir, dass es nicht gut ist, wenn der Ex-Pächter einen Betrieb gegenüber hat. Das nächste große Fragezeichen ist die Brockenbahn. Auch hier gibt es massive Probleme und aktuell auch reduzierte Brockenfahrten. Ohne die Bahn wird da oben alles schwierig. Meine Vermutung ist aber, dass spätestens 2026 Abschnitte des Streckenetzes der HSB gestrichen werden und man sich komplett auf die Strecke Wernigerode-Brocken konzentriert. Es könnte also sein, das z.B. die Selketalbahn bald Geschichte ist.

Der neue Pächter muss vermutlich sich das komplette Personal zum Neustart am 01.04.2026 (Pachtbeginn laut Ausschreibung) suchen. Keine Ahnung, woher er die nehmen will. Aktuell steht dem Brockenwirt mit dem Hotel Brockenscheideck eine Art Basislager in Schierke zur Verfügung. Dem neuen Pächter wird dies nicht zur Verfügung stehen.
Wenn der neue Brockenwirt in 2026 auf 1.141m überleben will, braucht er einen starken Background. Es wird nicht reichen, im Touristensaal Erbsensuppe oder Currywurst-Pommes anzubieten. Das Restaurant-Konzept muss knallen, um auch in den Wettbewerb mit der Bahnhofsgastro zu gehen und vor allem um die Umsätz zu erzielen. Diesen Background braucht man übrigens auch schon, um an der Ausschreibung teilzunehmen.
Für mich gibt es hier 2 Szenarien: 1. Der Brockenwirt pokert um bessere Konditionen, da sich sowieso niemand finden wird 2. Der Landkreis Harz hat hier schon einen Betreiber in der Hinterhand. Mir kommt hier die Lüder-Gruppe in den Sinn, die das Potential hätte, die Brockengastronomie erfolgreich zu betreiben und ebensfalls eine Basis in schierke hätte. Ich habe hier nur Zweifel, ob das Unternehmen in ein Pachtverhältnis gehen will. Oder haben wir in 2026 einen Wiener Wald auf dem Brocken?
Der Harzer Hexenstieg braucht das Brockenhotel. Ich selber habe schon 3x da oben übernachtet und es war immer ein tolles Erlebnis. Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn sich das Restaurantkonzept ändert. Das ist aber schwieriger als geschrieben.